Einmal noch … Zeit allein mit der Ehefrau, ein Hubschrauberflug
Markus ist 48 Jahre alt, Vater von zwei entzückenden Mädels und glücklich mit seiner Nicole verheiratet. Er hatte noch so viele Pläne.
Doch vor sechs Monaten geht er zum Arzt, seine Rückenschmerzen werden immer schlimmer und er will sich das mal anschauen lassen. Nach eingehenden Untersuchungen wird ein Tumor an der Wirbelsäule festgestellt. Leider ist dieser Tumor nur der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Denn, ausgehend von der Lunge hatten sich bereits im ganzen Körper Metastasen in seinem Körper gebildet.
Die Prognose ist niederschmetternd, die Familie befindet sich in einem Schockzustand und hadert mit diesem Schicksal. Nichts ist mehr, wie es war.
Markus geht es immer schlechter, gibt sich fast schon auf. Seine Schwester Christine möchte ihm unbedingt noch eine Freude machen und überlegt, was er wohl noch gerne erleben würde. Sie nimmt Kontakt mit uns auf, erzählt uns von Markus Schicksal. Wir sind sofort bereit und klären gemeinsam, welchen Wunsch wir ihm erfüllen können. Sehr schnell stellt sich heraus, dass Markus schon immer sehr flugbegeistert war. Er wünscht sich einen Hubschrauberflug über den bayerischen Alpen.
Wir machen uns sofort an die Arbeit. Wollen den Wunsch so schnell wie möglich erfüllen. Die leuchtenden Augen, die Vorfreude von Markus spornt uns an. Wir warten nur noch auf geeignetes Wetter, studieren jeden möglichen Wetterdienst und hoffen und hoffen.
Die Prognose für Montag ist gut. Da unbedingt ein Arzt beim Flug anwesend sein muss, nimmt sich unser Arzt Markus Urlaub. Doch bereits um 7 Uhr kommt die erste Nachricht von unserem Piloten „das Wetter hat sich gedreht, aktuell starke Böen auf der Zugspitze“. Was tun wir? Gibt es einen Plan B?
Am Nachmittag soll es besser werden, wir verschieben unseren Abflug auf 14 Uhr.
Guten Mutes startet unser 4-köpfiges Team nach Schwarzenfeld immer mit einem bangen Blick Richtung Himmel. Schaut gut aus …
In Schwarzenfeld werden wir schon sehnsüchtig erwartet. Die erste Überraschung für Markus kommt, als wir ihm sein Hubschraubershirt anziehen. Er lacht, man sieht ihm seine Freude an, heute geht es ihm richtig gut. Die erste Kraftprobe folgt, als wir ihn über die Treppe vom 1. Stock zu unserem Herzenswunsch Hospizmobil bringen. Er lässt es sich nicht nehmen, will nicht getragen werden und versucht es zu Fuß, gemeinsam schaffen wir es.
Natürlich haben wir unser Fahrzeug wieder entsprechend vorbereitet. Für die Anfahrt zum Hubschrauberstellplatz Dippenricht wurde extra die Alpen-Bettwäsche übergezogen, er liegt bequem auf der weichen Gelauflage und gemeinsam singen wir das Lied „Volare“. Zugegeben ein wenig schief und falsch, dafür aber laut und fröhlich.
Endlich sind wir da, unser Pilot Tobias von Wolffersdorff erwartet uns bereits, und Markus strahlt übers ganze Gesicht.
Wir helfen ihm ins Flugzeug, fassen ihn ganz vorsichtig an. Markus ist durch seine Metastasen sehr druckempfindlich. Und plötzlich kommen die Tränen, kullern über sein Gesicht, Nicole hält seine Hand, seine Schwester Christine drück ihn liebevoll.
Jetzt geht es los Richtung Alpen. Über Ingolstadt, München, Starnberger- und Ammersee kommen wir der Zugspitze immer näher, was für ein Panorama, strahlender Sonnenschein. Immer wieder drehe ich mich zu Markus um, sehe das Leuchten in seinen Augen und das Lächeln im Gesicht, unbezahlbare Momente für diesen starken Mann.
Der atemberaubende Anblick des gewaltigen Gebirges macht uns sprachlos, Sehen, Staunen, Bewundern, aber auch Nachdenken …
Jetzt verstehe ich, warum es Markus so wichtig war, dies mit seiner Frau noch erleben zu dürfen.
Viel zu schnell vergehen die zwei Stunden, unser Pilot weckt uns aus unseren Gedanken mit einer kurzen „fliegerischen Showeinlage“ und fragt mit einem Grinsen im Gesicht, ob wir den noch alle da sind.
Markus ist entspannt und müde. Auf der Rückfahrt schläft er ein. Wovon er wohl träumen mag?
Wir bringen ihn zurück in seine Wohnung und verabschieden uns. Man sieht ihm die Anstrengung an, aber er lächelt. „Es war mir so wichtig, dass ich noch einmal etwas mit meiner Frau unternehmen konnte, ohne die Kinder, nur wir zwei allein.“
Wir können den Menschen nicht mehr Tage geben, aber wir sind froh und glücklich, dass wir ihre Tage durch die Vorfreude und die Erfüllung eines Herzenswunsches mit Leben füllen dürfen.